Überblick
Schon seit vielen Jahrhunderten wird Cannabis gegen Erkrankungen bei Frauen eingesetzt; auch gegen Regelschmerzen. Obwohl Studien in diesem Bereich noch rar sind, gehen Forscher davon aus, dass das Endocannabinoid-System viele Prozesse reguliert, die mit Unterleibskrämpfen verbunden sind, wie z.B. Schmerz und die Magen-Darm-Funktion.
Darüber hinaus ist vielfach nachgewiesen worden, dass Cannabis Linderung bei Schmerz, Übelkeit, Appetitverlust, Blähungen und anderen Beschwerden, die eben auch bei Regelschmerzen auftreten, verschaffen kann.
Es liegen keine direkten klinischen Beweise vor, die den Einsatz von Cannabis bei Regelschmerzen und den damit verbundenen Symptomen untermauern würden. Doch immer mehr Forschungen kommen zu dem Ergebnis, dass das Endocannabinoid-System eine Schlüsselfunktion bei der Linderung von Unterleibsschmerzen, Übelkeit, Appetitverlust, Blähungen und anderen Symptomen der monatlichen Regelblutung hat.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass Cannabis schon seit tausenden von Jahren bei Menstruationsbeschwerden eingesetzt wird, und dass dutzende Studien die schmerzstillende, übelkeitslindernde und appetitanregende Wirkung von cannabisbasierten Arzneimitteln bestätigen.
Obwohl noch mehr Forschung notwendig ist, bevor Cannabis zur Behandlung von Regelschmerzen zugelassen werden kann, liegen schon genügend Daten vor, die eine experimentelle Anwendung rechtfertigen; vor allem da offenbar nicht nur dem Schmerz sondern vielen anderen Symptomen entgegengewirkt wird.
Das Endocannabinoid-System
Das Endocannabinoid-System (ECS) besteht aus Cannabinoid-Rezeptoren, Endocannabinoiden und Enzymen, die diese auf- und abbauen. Die Hauptfunktion dieses Systems besteht darin, ein Gleichgewicht im menschlichen Körper aufrechtzuerhalten, das als Homöostase bezeichnet wird. Für diesen Zweck reguliert das ECS Schlüsselprozesse wie Schmerz, Schlaf, Appetit, und sowohl kognitive Prozesse als auch Funktionen des Magen-Darm-Trakts und des Immunsystems.
Bislang haben Forscher zwei Typen von Cannabinoid-Rezeptoren identifiziert: CB1 und CB2. Sie verteilen sich im gesamten Körper. CB1 ist hauptsächlich im zentralen Nervensystem vorhanden und CB2 in Zellen des Immunsystems. Diese Rezeptoren werden durch Anandamid und 2-AG aktiviert, die beiden bekanntesten Endocannabinoide, die unser Körper produziert.
Des Weiteren können Cannabinoid-Rezeptoren und Enzyme auch mit pflanzlichen Cannabinoiden (Phytocannabinoide) wie THC und CBD interagieren. Das erklärt, warum cannabisbasierte Arzneimittel heilende Effekte erzielen können.
Es wurden bisher keine spezifischen Forschungen angestellt, die sich mit dem ECS im Zusammenhang mit den Schmerzen und Symptomen während der Menstruation beschäftigen. Allerdings weiß man, dass ECS-Rezeptoren, Endocannabinoide und Enzyme im weiblichen Fortpflanzungssystem vorhanden sind und eine wichtige Rolle für dessen gesunde Funktion spielen.
Und noch wichtiger: Das ECS ist bekanntlich an der Funktion von Magen und Darm und an dem Empfinden von Schmerz beteiligt. Und bei der Menstruation gehören Schmerz und eine beeinträchtigte Magen-Darm-Funktion zu den möglichen Begleiterscheinungen. Das bedeutet wiederum, dass eine gezielte Anwendung mit cannabisbasierter Medizin möglicherweise Abhilfe schaffen kann.
Zunächst einmal spielt das Endocannabinoid-System eine wichtige Rolle bei der Schmerzregulierung. Das zeigt sich an dem Vorhandensein und der Beteiligung von CB1- und CB2-Rezeptoren und Endocannabinoiden an jeder Etappe des so genannten Schmerzweges: die Prozesse, die zu der Wahrnehmung von Schmerz führen. Zum Beispiel ist die Konzentration von CB1-Rezeptoren in den Teilen des peripheren und zentralen Nervensystems sehr hoch, die mit dem Erfassen, Senden und Verarbeiten von Schmerzsignalen zusammenhängen. Der CB2-Rezeptor hingegen spielt durch seine Beteiligung an der Immunfunktion eine größere Rolle bei Entzündungsschmerzen. Außerdem ist bekannt, dass sowohl 2-AG als auch Anandamid schmerzlindernd wirken. Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der gezielte Ansatz am ECS eine vielversprechende Option zur Linderung der Bauchschmerzen und dem Unwohlsein während der Menstruation ist.
Darüber hinaus weiß man, dass das Endocannabinoid-System den Appetit und die Nahrungsaufnahme reguliert. Dies ist am besten daran erkennbar, dass die Aktivierung des CB1-Rezeptors den Appetit anregt und dass daher synthetische THC-Medikamente zur Bekämpfung von krankheitsbedingter Gewichtsabnahme eingesetzt werden. Somit kann das ECS auch genutzt werden, um dem mit Menstruationsschmerzen verbundenen Appetitverlust entgegenzuwirken.
Außerdem spielt das Endocannabinoid-System eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Magen-Darm-Funktion, d.h. es kann während der Regel bei Übelkeit, Blähungen und Verdauungsproblemen helfen. Vor allem scheint die Aktivierung des CB1-Rezeptors die Darmbeweglichkeit zu mindern, die ja bei Symptomen wie Übelkeit, Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen zentral ist.
Unterdessen deutet die Forschung darauf hin, dass die CB1-Aktivierung im zentralen Nervensystem auch den Drang zum Erbrechen reduzieren kann, eine weitere mögliche Begleiterscheinung während der Menstruation. Die Rolle des ECS bei der Regulierung der Verdauungsfunktion wird durch die Wirksamkeit von THC-Medikamenten, wie z.B. Dronabinol, gegen Übelkeit und Erbrechen betont.
Zusammengefassend lässt sich sagen, dass all diese Erkenntnisse den Nutzen des ECS bei der Linderung von Menstruationsbeschwerden betonen.
Cannabis & Regelschmerzen
Trotz der langen Tradition des Cannabis-Gebrauchs bei Menstruationsbeschwerden gibt es derzeit keine Studien, die sich mit der Wirkung von Cannabis auf „die Tage“ befassen. Allerdings gibt es viele Hinweise auf die Wirkung von Cannabis gegen Übelkeit, Blähungen, Appetitlosigkeit, verschiedene Arten von Schmerzen und andere Probleme, die zufällig zu den Symptomen der Menstruation zählen.
Zunächst einmal ist die Schmerzlinderung der durch die Forschung wohl am meisten belegte Nutzen von Cannabis. Laut einer im Jahre 2015 durchgeführten Überprüfung von 28 klinischen Studien gibt es „qualitativ moderate Belege“ die den Einsatz bei chronischen Schmerzen stützen. Noch wichtiger ist, dass die „National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine“ 2017 erklärten: „Es gibt schlüssige oder substanzielle Beweise dafür, dass Cannabis oder Cannabinoide für die Behandlung von chronischen Schmerzen bei Erwachsenen wirksam sind“.
Darüber hinaus gibt es Belege dafür, dass Cannabinoide wie THC und CBD Übelkeit und Erbrechen reduzieren können. Eine Studie aus dem Jahr 2007 ergab zum Beispiel, dass das THC-basierte Medikament Dronabinol ebenso wirksam war wie eine verschreibungspflichtige Medikation zur Reduzierung von Übelkeit und Erbrechen bei Menschen, die sich einer Chemotherapie unterzogen, wobei 71% der Patienten von ihrer Übelkeit vollständig befreit wurden. Des Weiteren kam eine systematische Überprüfung von 23 klinischen Studien im Jahr 2015 zu dem Schluss, dass „cannabisbasierte Arzneimittel zur Behandlung von refraktärer chemotherapiebedingter Übelkeit und Erbrechen nützlich sein könnten“.
Ebenso ist es eine allgemein bekannte Tatsache, dass Cannabis-Konsum den Appetit anregt. Dies wurde 1995 in einer Studie nachgewiesen, in der 139 Menschen, die an AIDS-bedingter Gewichtsabnahme litten, mit Hilfe von Dronabinol ihr Gewicht halten und sogar zunehmen konnten. Diese Effekte sind so gut dokumentiert, dass der Einsatz von Cannabis im Allgemeinen und THC im Besonderen inzwischen weit verbreitet ist, um Patienten zu helfen, die an Gewichtsverlust im Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen leiden.
Auch kann Cannabis helfen, Angstzustände und andere Auswirkungen auf die Psyche während der Menstruation zu lindern. Laut einer Studie aus dem Jahr 2011 konnte CBD, ein nicht-psychoaktives Cannabinoid, die durch öffentliches Reden verursachte Angst bei Menschen mit Sozialer Angststörung verbessern.
Darüber hinaus berichteten zwei Studien, dass der Konsum von Cannabis unter Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) gängig sei, um Linderung bei Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen und vermindertem Appetit zu verschaffen. Dies sind wiederum auch Symptome bei Frauen mit Menstruationsbeschwerden.
Zudem liegt uns eine Abhandlung des führenden Experten für medizinisches Cannabis Dr. Ethan Russo aus dem Jahr 2002 vor. Darin beleuchtet er Aufzeichnungen, die tausende von Jahre zurückreichen und die heilsame Wirkung von Cannabis bei Beschwerden von Frauen, wie z.B. Menstruationsschmerzen, beschreiben. In dem Artikel heißt es, dass sogar der Queen Victoria von ihrem Arzt monatliche Dosen Cannabis verschrieben wurden, um dem Unwohlsein während der Menstruation entgegenzuwirken. Dr. Russo schließt mit der Feststellung, dass Cannabis eine sichere effektive Alternative zur Behandlung von Dysmenorrhö (Menstruationskrämpfe) und anderen Symptomen im Zusammenhang mit der Menstruation darstellen kann.
In ähnlicher Weise stellte ein Artikel aus dem Jahr 2018 fest, dass die Verwendung von Cannabis zur Linderung von Regelschmerzen verbreitet ist und dass Cannabinoide wie THC und CBD entspannend auf Muskeln wirken, wodurch die Krämpfe während der Periode gelindert werden.
Darüber hinaus liegt uns auch anekdotische Evidenz über die lindernde Wirkung von Cannabis bei Regelschmerzen vor. Mehrere Studien untersuchten solche Einzelfallberichte und führen diese Beschwerden als einen der Gründe an, aus denen Menschen zu medizinischem Cannabis greifen. Zuletzt legen Forschungen zu Adenomyose und Endometriose, zwei schmerzhafte Erkrankungen des Gebärmuttergewebes, nahe, dass Cannabis schmerztherapeutisch eingesetzt werden kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es zwar keine klinischen Studien gibt, die sich explizit mit der Verwendung von Cannabis zur Linderung von Menstruationsschmerzen befassen, dennoch viele Hinweise darauf vorliegen, dass Cannabis bei Bauchschmerzen, Übelkeit, Blähungen, Appetitlosigkeit und anderen Menstruationssymptomen helfen kann.
Nebenwirkungen
Einer der größten Hinderungsgründe für den medizinischen Gebrauch von Cannabis sind seine psychoaktiven Nebenwirkungen. Dazu gehören Gedächtnisstörungen, Euphorie, Angst, Paranoia und verkürzte Reaktionszeiten.
Außerdem kann Cannabis auch andere Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Mundtrockenheit verursachen. Im Allgemeinen ist Cannabis jedoch eine sichere Substanz mit geringen und vorübergehenden Nebenwirkungen. Darüber hinaus ist die Verwendung von hauptsächlich auf CBD basierenden Präparaten wie CBD-Öl ein wirksamer Weg, um die psychoaktiven Effekte von Cannabis zu umgehen.
Im Vergleich dazu sind Magengeschwüre und gastrointestinale Blutungen die Nebenwirkungen von Standardmedikamenten, die normalerweise bei Regelschmerzen eingenommen werden, wie etwa nichtsteroidale antientzündliche Medikamente (NSAID). Bei übermäßiger Anwendung verursachen sie Schäden an Niere, Leber und Herz.
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