Das Endocannabinoid-System
Hilft Cannabis bei Angststörungen? Derzeit laufen noch Studien zu diesem Thema, aber es ist bereit jetzt klar, dass Cannabis Stress abbauen kann.
Das liegt vor allem daran, wie Cannabis mit dem natürlichen Endocannabinoid-System des Menschen interagiert. Das wichtige Endocannabinoid-System setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: Endocannabinoide, Rezeptoren und Enzyme. Endocannabinoide sind Moleküle, die den Cannabinoiden (einige der aktiven Wirkstoffe in Cannabis) sehr ähnlich sind, allerdings werden sie natürlicherweise in unserem Körper produziert. Endocannabinoide binden sich an Endocannabinoid-Rezeptoren (CB1- und CB2-Rezeptoren), die im ganzen Körper auf der Oberfläche von Zellen zu finden sind. Dies aktiviert eine Kettenreaktion, durch die das innere Gleichgewicht (Homöostase) unseres Körpers aufrechterhalten und viele wichtige Körperfunktionen reguliert werden. Zum Beispiel:
- Hunger
- Stressreaktion
- Gedächtnis
- Entzündungen
- Schlaf
- Muskelkontrolle
- Antrieb
- Stimmung
- und Schmerzen
Anschließend bauen Enzyme die Endocannabinoide wieder ab und entfernen sie aus unserem Körper.
Das Endocannabinoid-System funktioniert bei gesunden Menschen eigentlich selbstständig. Das heißt, die CB1- und CB2-Rezeptoren werden durch unsere natürlichen Endocannabinoide stimuliert. Allerdings können diese Rezeptoren auch durch Cannabinoide stimuliert werden. Daher verursacht Cannabis bei Menschen und anderen Säugetieren so viele medizinische und psychoaktive Effekte.
Vor allem bei Angstzuständen könnte die Aktivierung dieser Rezeptoren hilfreich sein, da das Endocannabinoid-System an der Regulierung unseres Stresspegels und von Angstzuständen beteiligt ist. Eine Studie ergab, dass das Endocannabinoid-System bestimmt, wie beängstigend wir angsteinflößende Reize empfinden und was wir als angemessene Verhaltensreaktion erachten. Die Wissenschaftler haben – kaum überraschend – festgestellt, dass eine Beeinträchtigung oder Dysregulierung des Endocannabinoid-Systems die Entstehung von Angststörungen begünstigen kann. Es ist also völlig logisch, dass Cannabis gegen Angstzustände helfen könnte. Durch die Zufuhr von Cannabinoiden zum Endocannabinoid-System kann die Angst gelindert werden.
Cannabis-Forschung
Es ergibt theoretisch viel Sinn, dass Cannabis gegen Angst helfen könnte. Tatsächlich ist Angst eine der häufigsten Erkrankungen, weswegen Cannabis konsumiert wird. In Nordamerika zum Beispiel gehört sie zu den fünf häufigsten Erkrankungen bei denen Betroffene Cannabis verwenden. Nichtsdestotrotz müssen noch weitere Forschungsergebnisse abgewartet werden, bis man mit Sicherheit sagen kann, ob Cannabis tatsächlich gegen Angststörungen hilft.
In einer Studie wurde herausgefunden, dass Cannabis die Stressreaktionen verringern kann. Dazu wurden mit ProbandInnen, die entweder Cannabis konsumierten oder nicht, Stresstests durchgeführt, wie zum Beispiel das Lösen von Rechenaufgaben vor einem Publikum oder das Eintauchen der Hände in Eiswasser. Die CannabiskonsumentInnen berichteten während des Tests von einem niedrigeren Stressniveau als die Nicht-KonsumentInnen. Noch interessanter waren die Testergebnisse, die zeigten, dass CannabiskonsumentInnen weniger Cortisol (ein Hormon, das Stress anzeigt) im Blut hatten als diejenigen, die kein Cannabis konsumierten.
In einer ähnlichen Studie führten die Wissenschaftler mit ProbandInnen mit generalisierten sozialen Ängsten einen Stresstest durch, bei dem sie vor Publikum sprechen mussten. Einige ProbandInnen erhielten vorher ein Placebo und andere 600 mg CBD (ein Cannabinoid aus der Cannabispflanze). Diejenigen, die vorher CBD einnahmen, spürten eine deutlichere Verbesserung der subjektiven und physiologischen Angst als diejenigen, die das Placebo bekamen.
Andere Studien haben gezeigt, dass PatientInnen mit chronischen Schmerzen eine stärkere kurzfristige Linderung ihrer Angstsymptome erleben, wenn sie Cannabis anstatt eines Placebos einnehmen. Leider sind viele dieser Studien methodisch ungenau, weswegen sie mit Vorsicht zu genießen sind. Laut Meta-Rezensionen der Literatur gibt es durchaus Hinweise darauf, dass Cannabis bei Angst helfen kann, aber nur in begrenztem Maße.
Ebenso gibt es Studien, deren Ergebnisse in die entgegengesetzte Richtung deuten.
Cannabis kann zwar Angst lindern, aber Studien zeigen, dass es auch Angst verursachen kann. Das wissen CannabiskonsumentInnen schon seit langem. Obwohl Cannabis manchmal Entspannung bringt, kann es auch Angst und Paranoia erzeugen. Dies hängt oft mit der Dosierung zusammen. Die gleichen Cannabinoide, die in niedrigen Dosen die Angst lindern, können sie bei höheren Dosen verstärken. Für die beiden wichtigsten Cannabinoide, THC und CBD, haben Studien sogenannte „biphasische Effekte“ ergeben. Das heißt, dass Cannabis in verschiedenen Dosierungen entgegengesetzte Effekte hervorrufen kann. Die eingenommene Dosis kann den Unterschied zwischen einer angstauslösenden oder einer angstlindernden Erfahrung ausmachen.
Zusätzlich zu diesen unmittelbaren Auswirkungen auf die Angst gibt es einige Hinweise darauf, dass Cannabiskonsum die Angstsymptome mit der Zeit verschlimmern kann. Im Bericht der National Academy of Sciences aus dem Jahr 2017 wird eine Studie beschrieben, in der CannabiskonsumentInnen über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet wurden. Es wurde kein Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und den meisten Angststörungen gefunden, aber die Wissenschaftler stellten einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum bei älteren Erwachsenen und der Entwicklung einer sozialen Angststörung fest. Dies galt nicht für jüngere Bevölkerungsgruppen, so dass unklar ist, ob dies auf physiologische Altersunterschiede oder soziale Faktoren im Zusammenhang mit dem Stigma durch den Cannabiskonsum, weswegen sich ältere KonsumentInnen von ihrem sozialen Umfeld abwenden, zurückzuführen ist. In beiden Fällen gab es moderate Belege dafür, dass Cannabiskonsum zu sozialen Angststörungen bei älteren Erwachsenen führen, und begrenzte Belege dafür, dass eine andere Störung entstehen könnte.
Die Studien zu Angst war bisher zum großen Teil begrenzt und etwas unsicher, da Cannabis unvorhersehbare Auswirkungen auf die Angst hatte. Da jedoch einige Studien positive und andere Studien negative Ergebnisse zeigen, fragen sich die WissenschaftlerInnen und PatientInnen gleichermaßen, welche Faktoren regelmäßig die positiven Ergebnisse liefern. Während ein eindeutiger Faktor die Dosierung ist, ist Cannabis auch eine sehr vielseitige Pflanze und Cannabisprodukte können eine Vielzahl verschiedener aktiver Komponenten enthalten. Abhängig von der jeweiligen Mischung aus Cannabinoiden und anderen Wirkstoffen wie Terpenen und Flavonoiden (den anderen medizinisch aktiven Wirkstoffe in Cannabis) können die KonsumentInnen sehr unterschiedliche Auswirkungen spüren.
Um diese Theorie zu bestätigen und die besten Chemotypen zur Behandlung von Angst zu finden, haben die Forscher von Whistler Therapeutics in Kanada eine Studie erstellt, um zu prüfen, welche Sorten am effektivsten und welche am wenigsten wirksam zur Linderung von Angst sind. Dies war die erste (und einzige) Studie ihrer Art, die sich mit den Unterschieden bei den angstbezogenen Wirkungen der verschiedenen Cannabissorten beschäftigte.
Zu diesem Zweck arbeiteten die Wissenschaftler ausschließlich mit einem Unternehmen zusammen, das sein eigenes Cannabis anbaut und verkauft und prüften die chemische Zusammensetzung jeder Sorte. Insgesamt wurden 25 Sorten untersucht und 442 PatientInnen zu diesen spezifischen Sorten befragt. Die Befragten wurden gebeten, die am stärksten und die am schwächsten wirkenden Sorten zur Verringerung ihrer Angst zu bewerten. Dann verglichen die Wissenschaftler diese Umfrageergebnisse mit zwei unabhängigen Labortests, die die chemische Zusammensetzung der überprüften Sorten zeigten.
Von den getesteten Sorten (und denken Sie daran, dass hier nur 25 Stämme untersucht wurden) wurden Kush-Sorten mit einem hohen Anteil an den Terpenen Trans-Nerolidol, Beta-Caryophyllen und D-Limonen als am besten angstlösend bewertet. Darüber hinaus ergab die statistische Analyse, dass eine Sorte mit einem hohen Anteil an THC und dem Terpen Trans-Nerolidol am besten gegen Angst hilft.
Die Analyse des am wenigsten wirksamen Stammes deutet darauf hin, dass das Terpen Terpinolen besonders schlecht gegen Angst hilft, ebenso wie die Terpene Guaiol, Eukalyptol, Gamma-Terpinen, Alpha-Phellandren, 3-Caren und Sabinenhydrat.
Obwohl diese Studie begrenzt war, weist sie darauf hin, dass die Angst je nach chemischem Profil des Cannabisprodukts unterschiedlich stark verringert werden kann.
Legaler Konsum
Laut Forschungsergebnissen kann die Verwendung von Cannabis gegen Angst entweder nützlich oder schädlich sein und die Angstsymptome lindern, verursachen oder verschlimmern. Wer also Cannabis gegen seine Angststörung einnehmen möchte, sollte am besten mit einem Arzt oder einem Cannabinoid-Experten sprechen. Diese medizinischen Fachleute können prüfen, ob Cannabis die richtige Behandlung für Sie ist und welche Cannabissorten für Ihre Bedürfnisse am besten geeignet sind.
Bevor Sie mit dem Cannabiskonsum beginnen, sollten Sie auch prüfen, ob Cannabis in Ihrem Land zur Behandlung von Angst überhaupt zugelassen ist.
Derzeit können Patienten mit bestimmten Angststörungen und einer ärztlichen Empfehlung oder Verschreibung in den folgenden Ländern Cannabis konsumieren:
- Österreich
- Brasilien
- Kambodscha
- Kanada
- Chile
- Kolumbien
- Ecuador
- Estland
- Finnland
- Deutschland
- Griechenland
- Guam
- Israel
- Peru
- Philippinen
- Polen
- Puerto Rico
- Spanien
- Uruguay
Wenn Sie bestimmte Arten von Angststörungen und eine ärztliche Empfehlung haben, können Sie auch in folgenden US-Bundesstaaten Cannabis konsumieren:
- Arizona
- Arkansas
- Kalifornien
- Colorado
- Connecticut
- Delaware
- District of Columbia
- Florida
- Hawaii
- Illinois
- Louisiana
- Maine
- Maryland
- Massachusetts
- Michigan
- Minnesota
- Missouri
- Montana
- Nevada
- New Jersey
- New Mexico
- New York
- North Dakota
- Ohio
- Oklahoma
- Oregon
- Pennsylvania
- Utah
- Vermont
- Washington
- West Virginia
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