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Cannabis in der Schweiz: Eile mit Weile, oderr?

Cannabis in der Schweiz: Eile mit Weile, oderr?

Letzte Woche feierte auch die CannaTrade – die größte Cannabis-Messe der Schweiz und eine der größten Europas – ihr 20. Jubiläum. Und das, obwohl die Schweiz im europäischen Vergleich bei der Hanfgesetzgebung eher rückständig ist. 

  • Es dauert meist lange, bis Gesetze, die in Nachbarländern schon lange gang und gäbe sind, auch bei den Eidgenossen sich durchsetzen (man denke nur an das Frauenwahlrecht, das in einigen Kantonen erst in den 1970er eingeführt wurde). 
  • Oder, um den Schweizer Namen des beliebten Brettspiels (das in Deutschland Mensch-ärgere-dich-nicht heißt) zu zitieren: Eile mit Weile!

Wie sieht aber die gesetzliche Lage aus? Ist es legal, Hanf in der Schweiz anzubauen? Wie sieht es mit dem Verkauf aus? Gibt es hierbei Unterschiede zwischen CBD und THC? Und wie sieht der Rechtsgeber die Lage bei medizinischen Hanf (über die Apotheke), bei Freizeit-Hanf, bei kleinen Mengen zum Eigenkonsum? Kann man Cannabis in der Krankenkasse bekommen? Und wie sieht es mit den Nachbarländern aus? Viele Fragen. Hier kommen die Antworten.

Seit 2011 erlaubt die Schweiz den Verkauf von Cannabis mit weniger als einem Prozent THC. Dies wird oft in Kiosken und Tabakläden verkauft und seit 2019 als Tabak versteuert. Das Land hat im selben Jahr eine Änderung seines Drogengesetzes verabschiedet, die die Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke erlaubt. Dies ist aber auch sehr limitiert, wie wir gleich sehen werden. 

Wie kürzlich berichtet, soll aber ab 2022 wird in vielen Städten als Pilotprojekt Hanf zu Genußzwecken legal verkauft werden, während das Parlament den Verbot von Cannabis aufheben will und sowohl Anbau als auch Handel und Konsum neu regeln will.

Medizinische Nutzung

Cannabis gilt in der Schweiz größtenteils als verbotenes Betäubungsmittel . Es darf grundsätzlich weder angebaut, hergestellt, eingeführt noch abgegeben werden.Das 2011 in Teilen geänderte Betäubungsmittelgesetz erlaubt jedoch unter bestimmten Umständen, dass Cannabis zu medizinischen Zwecken verschrieben wird. Dafür war bis 2020 eine Ausnahmebewilligung des BAG erforderlich.

Im Dezember 2020 gab es zwei positive Entwicklungen

  • Die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (UN) strich Cannabis für medizinische Zwecke von der Liste der gefährlichsten Drogen. 
  • Und das Schweizer Parlament änderte das Betäubungsmittelgesetz, so dass von nun an Ärzte Arzneimittel auf Hanfbasis verschreiben können, ohne die oben erwähnte Ausnahmebewilligung beantragen zu müssen.

Es gibt jedoch eine Haken an der Sache: Trotz des einfacheren Zugangs zu medizinischen Hanf scheitert es nicht selten an den Kosten. Denn im Gegensatz zu Deutschland zahlen die Krankenkasse nicht für Hanf-basierende Medikamente. Der Patient muss also für seine Kosten selbst aufkommen.

Freizeitnutzung

Die Schweiz hat 2013 den Besitz kleiner Mengen Cannabis entkriminalisiert – vorausgesetzt, es enthält weniger als 1% THC. (Zum Unterschied zwischen THC und CBD, siehe hier) Wenn man mit weniger als 10 Gramm gefangen wird, ist die Strafe eine Geldstrafe. Ansonsten ist Cannabis zur Freizeitnutzung jedoch immer noch illegal.

  • Wie eine kürzliche Umfrage zeigte, sind zwei Drittel der Schweizer für die Legalisierung von Cannabis. 
  • Hintergrund sind vor allem Pilotprojekte, die auf lokaler Ebene 2022 durchgeführt werden sollen und wo mit wissenschaftlicher Begleitung Cannabis zu Genuss-Zwecken legal verabreicht werden soll. 
  • Dies würde vor allen den Schwarzmarkt eindämmen und auch Hanf-Verkauf an Jugendliche unterbinden. So zumindest die Hoffnung.

Grenzübergänge

Wichtig zu beachten ist, dass die Lage innerhalb Europas von Land zu Land unterschiedlich ist, auch im deutschsprachigen Länderdreieck (DACH, also der Schweiz, der Schweiz und Schweiz). 

Beim Überqueren der Grenze ist also Vorsicht geboten: 

  • So spionierten vor 2 Jahren Schweizer Grenzbeamte im der Schweizischen Vorarlberg Besucher von Hanf-Shops aus und geben Autonummern an die Einsatzzentrale weiter. Dort wurden die Autos im System erfasst, um sie später an der Grenze zu stoppen. Die Aktion bekam den Namen “Aktion Knobli”.
  • Auch innerhalb der Schweiz gibt es lokale Unterschiede: So gab es 2016 ein Pilotprojekt von Cannabis-Clubs in vier Kantonen. Ein Jahr später jedoch hat die Schweizer Bundesregierung diese für illegal erklärt und geschlossen.

Für eine Übersicht der DACH-Lage siehe hier.

Hanf-Anbau in der Schweiz

Als Vorbemerkung sollte hier erwähnt werden, dass Hanf, so wie andere Nutzpflanzen streng von der EU reguliert wird. Es gibt hier einen EU-zertifizierten Nutzhanfsorten-Katalog. Dieser Sortenkatalog der Europäischen Union enthält u.a. eine Liste aller Hanfsorten, die in den Mitgliedstaaten der EU zu gewerblichen Zwecken angebaut werden dürfen. Dabei gibt es wiederum Regulierung der einzelnen Ländern.

  • Die Schweiz ist bekanntlich kein Mitglied der EU, jedoch erlaubt sie den Anbau von Hanf-Sorten, die im Nutzhanf-Katalog stehen. Die zuständigen Behörden auf Landes- und Kantons-Ebene kontrollieren das.
  • Kurzum: es kann zwar grundsätzlich Hanf in der Schweiz angebaut werden, aber aufgrund der strengen gesetzlichen Auflagen, der Bürokratie und der fehlenden logistischen Infrastruktur ist das ein Nischenbereich.

Daher verkaufen Schweizer Apotheken hauptsächlich Cannabis aus dem Ausland (vor allem Kanada und den Niederlanden).

Hanf-Markt und Konsum in der Schweiz

Markt für medizinische Nutzung

Cannabis für medizinische Zwecke

Wie diese Statistik zeigt, ist der Markt für medizinisches Hanf in der Schweiz in den letzten Jahren ständig gewachsen. Die Dunkelziffer der illegal erworbenen medizinischen Cannabis-Produkte ist viel höher. Denn: Im Gegensatz zu Deutschland gilt in der Schweiz: Fast immer müssen die Patienten die Hanf-basierende Arznei selbst finanzieren. Das bremst die Nachfrage. Der Schweizer Markt für legale, medizinische Nutzung von Cannabis ist also verhältnismäßig klein.

Markt für Freizeit-Nutzung

Wie erwähnt ist CBD (im Gegensatz zu THC) für Freizeit-Nutzung grundsätzlich in der Schweiz erlaubt, da es nicht als Betäubungsmittel gilt. 

Der Markt ist recht groß, vor allem im Verhältnis zur Bevölkerung und im Vergleich zu den deutschsprachigen Nachbarländern: So konsumiert eine Bevölkerung von nur 7 Millionen Menschen CBD im Wert von 77 Millionen Dollar. Im Vergleich: Deutschlands CBD-Market ist zwar geringfügig größer (83 Million Dollar), aber dies bei einer zehnmal so großen Bevölkerung.

In anderen Worten ist der CBD-Markt in der Schweiz eine der höchsten weltweit, was per-Kopf-Konsum betrifft. 

Aber nicht nur CBD wird konsumiert, sondern auch das illegale THC (oder Produkte, die THC enthalten), und das in großen Maße: Nach Angabe des BAGs geben fast eine Viertelmillion Schweizer an, Cannabis zu konsumieren. 

Dies macht Cannabis zur meist konsumierten illegalen Substanz in der Schweiz.

Hanf-Konsum in der Schweiz

Medizinische Nutzung

Grafik Cannabis in der Schweiz

Bis zur Legalisierung 2017 bezogen nur knapp 1000 Patienten Cannabis als Medizin. Dann verzehnfachte sich die Zahl. 2018 gab es laut „Pharmazeutischer Zeitung” mehr als dreimal so viele Verordnungen wie im Vorjahr. Allein bei den drei großen Krankenkassen – AOK, Barmer, Techniker – gingen laut Umfrage des „Handelsblatts” mehr als 18.400 Anträge auf Kostenerstattung ein. Tendenz steigend.

Freizeit-Nutzung

Freizeit-Hanf wird immer weniger geraucht und immer mehr als Nahrungsmittel eingenommen, sei es als Tinktur oder sogar Gummibärchen

Eine besondere Rolle nimmt CBD-Öl ein, das einer Fülle von Formen und Nutzungsarten erhältlich ist – als Kosmetik, Cremes, Pulver, Getränke, Snacks und Tinkturen.  CBD-Öl kann eingenommen werden, indem man ein paar Tropfen unter die Zunge gibt. Dies ist eine der effektivsten und schnellsten Darreichungsformen, da das CBD sehr schnell von den kleinen Kapillaren und dem Gewebe unter der Zunge aufgenommen wird.

Zusammenfassung: Cannabis in der Schweiz

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Cannabis bei der Gesetzgebung seinen Nachbarländern hinterher hinkt – so ist es immer noch größtenteils illegal. 

  • Medizinische Nutzung ist mit viel Bürokratie verbunden und kostet – im Gegensatz zu Deutschland – dem Patienten viel Geld. 
  • Freizeitnutzung ist auch nur sehr begrenzt möglich, aber entkriminalisiert.
  • Einige Pilotprojekte können 2021 und 2022 die Situation signifikant ändern. Bis dann wird sowohl das legale CBD als auch illegale Produkte mit THC-Gehalt von mehr als 1% sehr stark konsumiert.

Kurzum: CBD wird legal viel konsumiert (hauptsächlich für Freizeitnutzung), und ansonsten ist Cannabis der “Marktführer” der illegalen Drogen. Grund sind die in der Schweiz sehr langsamen Mühlen der Gesetzgebung und Bürokratie. Eile mit Weile, oderrr?   

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